Noch ist die Situation davor nach Angaben der örtlichen Diakonie relativ ruhig. Nur wenige Menschen bedienten sich mit frischem Trinkwasser. "Wir hatten den Bewohnern geraten, Töpfe, Eimer und alle übrigen Behältnisse mit Wasser zu füllen", berichtete Franz-Josef Franke, Geschäftsführer der Diakonie, am Dienstag direkt aus dem Wollepark. Seine Mitarbeiter sind seit Tagen auch mit Dolmetschern vor Ort, um die Menschen - überwiegend Bulgaren, Polen und anerkannte Flüchtlinge - zu beraten. "Sie schwanken zwischen Resignation, Wut und Ohnmacht", sagte Franke.
Vor allem verstünden sie nicht, dass sie die Leidtragenden seien, obwohl sie alles bezahlt hätten. Das größte Problem werde in den kommenden Tagen vermutlich die Hygiene sein, betonte der Geschäftsführer. Zum Kochen, für die Toiletten und zum Waschen könne Wasser in Eimern herangeschafft werden. "Aber Duschen geht dann natürlich nicht." Zudem sei es für Bewohner etwa im obersten siebten Stock beschwerlich, das Wasser nach oben zu schleppen. Die Diakonie vermittle Familien mit Säuglingen, Behinderten oder Kranken in bereitstehende Notunterkünfte der Stadt.
Die Stadt hatte stets betont, dass sich die Maßnahmen nicht gegen die Bewohner richteten. Sie wolle sich aber nicht erneut zum Spielball krimineller Vermieter machen, die ihre Mieter als Geiseln nähmen, sagte Bürgermeister Axel Jahnz (SPD) gegenüber dem Evangelischen Pressedienst. Die Schulden der Eigentümerverwaltungsgesellschaft beliefen sich aktuell auf 185.000 Euro. Für diese "Immobilienhaie", so der Bürgermeister, habe die Stadt vor zwei Jahren schon einmal rund 80.000 Euro an Gas- und Wasserschulden übernommen.
Die nicht weitergeleiteten Nebenkosten seien nicht das einzige Problem, betonte Franke. Auch dringend notwendige Renovierungsarbeiten würden seit Jahren nicht geleistet. Der Fahrstuhl sei außer Betrieb, die Bewohner hätten mit Schimmel in den Wohnungen zu kämpfen. Farbanstriche habe es auch schon lange nicht gegeben. Die beiden Blöcke seien total heruntergekommen. So hätten einige Bewohner bereits ihre Mieten gekürzt.
Die Diakonie rät jetzt allen, die Miet- und Nebenkostenzahlungen komplett einzustellen. Eine Lösung des Problems sei erst einmal nicht in Sicht, meinte Franke. Er halte es für eher unwahrscheinlich, dass die Eigentümer jetzt auf einmal zahlten. "Es ist die Frage, wann die Stadt die Situation als Wohnungslosigkeit einstuft." Die Stadtwerkegruppe hatte angekündigt, in zwei Wochen auch die Gasleitungen zu sperren. Viele der Bewohner bemühten sich schon seit längerem, woanders unterzukommen, allerdings ohne Erfolg.
Der Geschäftsführer rief potenzielle Vermieter, die helfen wollten, dazu auf, sich bei der Diakonie zu melden. Seine Mitarbeiter seien noch bis Donnerstag direkt mit einem Stand vor den Häusern präsent. Danach seien sie wie bisher in ihren Büros im Nachbarschaftszentrum des Wolleparks zu erreichen.
Beim Wollepark handelt es sich um ein Wohnquartier der 70er-Jahre mit mehrgeschossigen Wohngebäuden und insgesamt rund 1.200 Wohnungen. Es hat sich bereits seit den 90er Jahren zu einem sozialen Brennpunkt entwickelt. Es wurde deshalb in das Städtebauförderungsprogramm "Soziale Stadt" aufgenommen.