„Familie kunterbund“

Nicole Karstedt-Brüling berichtet über ihre Arbeit als Erziehungsstelle - Informationsabend für Interessierte

Bockhorn, 3.6.2021 - „Familie kunterbund“, so steht es auf einem Schild am Haus von Nicole Karstedt-Brüling. Die 42-Jährige arbeitet als Erziehungsstelle. Den Namen haben sich die Geschwister ausgedacht, die derzeit bei ihr Leben - inklusive Rechtschreibfehler. „Wir haben das d gelassen, weil wir hier einen ganz besonderen Bund haben“, erzählt Karstedt-Brüling. „Wir haben alle unterschiedliche Namen, unterschiedliche Interessen und unterschiedliche Stärken und Schwächen und gehören doch zusammen.“

Seit 2013 nimmt Karstedt-Brüling als Erziehungsstelle Kinder bei sich auf, die nicht mehr in ihrer eigenen Familie bleiben können. Vorher hatte Sie 14 Jahre lang als Erzieherin gearbeitet. Diese pädagogische Ausbildung ist für die Arbeit als Erziehungsstelle sehr wichtig. Denn die Jungen und Mädchen haben vorher in ihren Familien oft Vernachlässigung und Gewalt erlebt. „Jedes Kind kommt mit seinem individuellen Päckchen. Deshalb muss man auch auf jedes Kind individuell eingehen. Wir wollen die Kinder stark machen, fördern und unterstützen“, berichtet die Erzieherin und ergänzt: „Welches Kind möchte nicht, wie Pippi Langstrumpf das stärkste Kind der Welt sein.“ Zur Stärkung der Kinder gehört auch die enge Zusammenarbeit mit den Lehrern, Therapeuten, dem Jugendamt und den Eltern, wenn auf eine Rückführung hingearbeitet werden kann.

Die Erziehungsstelle ist ein Betreuungsangebot der Jugendhilfe Collstede. Derzeit gibt es sieben Erziehungsstellen und eine familienanaloge Wohngruppe, die von Fachbereichsleiterin Stefanie Grönitz koordiniert werden. Insgesamt leben 14 Kinder und Jugendliche im Alter zwischen 2,5 Jahren und 16 Jahren in den Haushalten der Mitarbeitenden.

„Das Netzwerk über die Jugendhilfe Collstede ist sehr gut“, sagt Karstedt-Brüling. Supervision und Fachberatung sind für die Arbeit sehr wichtig. Außerdem bietet die Jugendhilfe Collstede regelmäßig Freizeiten und Aktivitäten für die Kinder in den Erziehungsstellen an. So erleben diese eine Gemeinschaft, in der andere ähnliche Erfahrungen gemacht haben.

„Die Erziehungsstellen sind alle ganz verschieden, wir suchen für jedes Kind immer die passende Stelle“, sagt Grönitz. Das bestätigt auch Karstedt-Brüling. „Wir sind hier sehr aktiv und ein bisschen verrückt. Bauen gemeinsam Tipis, machen viel Sport und haben viele Tiere. Andere Kinder brauchen vielleicht eher eine ruhige, entspannte Atmosphäre. Das Schöne ist, dass es eben ganz viele verschiedene Möglichkeiten gibt.“ Für die 40-Jährige war der Schritt zur Erziehungsstelle genau das richtige. „Ich wollte mich damals eigentlich erst informieren und das Ganze über das Freizeitteam kennenlernen. Aber dann wurde vorrübergehend ein Platz für ein Kind gesucht und ich bin ganz schnell als Erziehungsstelle gestartet.“ Ein Entschluss, den sie nie bereut hat. Auch nicht, als sie vor zwei Jahren noch ein eigenes Kind bekommen hat. Auch für die Kinder in der Erziehungsstelle eine herausfordernde aber auch verbindende Zeit.

„Wir stellen fest, dass der Bedarf an Erziehungsstellen immens steigt“, berichtet Stefanie Grönitz. Derzeit seien zwei neue Erziehungsstellen im Betriebserlaubnisverfahren. Es werden aber noch mehr gebraucht. Deshalb will die Jugendhilfe Collstede im Juli Interessierte über das Modell der Erziehungsstellen informieren. Am 20. Juli findet ein Informationsabend statt. Anmeldungen dafür sind bei Stefanie Grönitz per Mail an info@jugendhilfe-collstede.de möglich. Ziel ist es, den Interessenten einen kurzen Eindruck zu verschaffen, was eine Erziehungsstelle ausmacht sowie Gespräche mit Mitarbeitenden der Erziehungsstellen für offene Fragen anzubieten. Auch Karstedt-Brüling wird am Informationsabend über die Tätigkeit als Erziehungsstelle berichten. „Für mich war die Entscheidung für die Erziehungsstelle genau richtig“, betont sie.

Infobox: Erziehungsstelle

Die Erziehungsstellen sind für jüngere Kinder und Jugendliche geeignet, die einen längerfristigen Hilfebedarf nach § 34 SGB VIII haben oder in Pflegefamilien und Wohngruppen nicht adäquat gefördert werden können. Die Erziehungsstellen der Jugendhilfe Collstede liegen im Nordwesten Niedersachsens zwischen Weser und Ems. In unseren Erziehungsstellen sind pädagogische Fachkräfte tätig, die Kinder in ihren Haushalt und somit in ihre Familie aufnehmen. Die Unterschiedlichkeit der Erziehungsstellenfamilien zeichnet dieses Hilfeangebot aus. In einer Erziehungsstelle nehmen wir maximal zwei Kinder auf. In familienanaloge Wohngruppe können auch drei oder mehr Kinder aufgenommen werden.

Das Betreuungs- und Förderkonzept basiert wie in unseren anderen vollstationären Angeboten auf heilpädagogischen und systemischen Ansätzen unter Einbeziehen der Herkunftssysteme. Ziel ist es, den Kindern und Jugendlichen andere bzw. neue Formen des Zusammenlebens zur

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