"Ich hätte gerne den bunten Kittel, wenn er mir passt." "So eine Jacke habe ich früher oft getragen." "Du siehst aus wie eine Waschfrau." Aufgeregt sprechen die Modells beim Fototermin im Nordwolle Museum durcheinander. Jeder ist auf der Suche nach dem passenden Kleidungsstück. Unterstützt werden sie dabei von ihren vier Betreuerinnen. Denn die zehn Männer und Frauen sind keine normalen Modells. Sie sind Bewohner des Stephanusstifts in Delmenhorst. Um Fotos für einen Kalender mit historischen Motiven zu machen, sind sie für einen Tag ins Museum gekommen.
"Seit Tagen sind alle Mitwirkenden aufgeregt", erzählt Einrichtungsleiter Axel Stellmann. Mit dem Kalender wollen er und sein Team den Bewohnern die Möglichkeit zu einer Zeitreise bieten. Im Nordwolle Museum treffen sie auf Wohnräume wie in ihrer Kindheit und können die alten Maschinen entdecken. Dazu passend hat Stellmann aus dem Kostümverleih der Niederdeutschen Bühne verschiedene historische Kleidungsstücke besorgt. Ob als feine Dame oder als Arbeiter - Die zehn Senioren haben Spaß, sich für die verschiedenen Fotos umzuziehen.
Fotografin Marlies Menger nimmt Rücksicht auf die Fähigkeiten der Modells. Für die älteste Teilnehmerin, die 103 Jahre alte Erika Ruppe, wählt sie einen historischen Esstisch, an dem sie gemeinsam mit zwei weiteren Modells zum Kaffeekränzchen Platz nimmt. Der 76-jährige Karl-Heinz Burek verfolgt das Fotoshooting ganz aufmerksam. Schließlich war fotografieren früher sein Hobby. Als die Fotografin ihn platziert hat, greift er von selbst nach einer Requisite, um das Bild zu verbessern.
Für die 90-jährige Hanna Görlich ist der Termin im Nordwolle Museum fast eine Rückkehr an ihren alten Arbeitsplatz. Gemeinsam mit ihrem Mann hat sie 40 Jahre lang den Kisok am Nordwolle Gelände betrieben. Die Arbeiter kannte sie alle. Nun stellt sie sich für ein Foto vor der alten Küche im Museum auf und lächelt begeistert. Auf Kommando zu lächeln, ist auch für Lisa Pakulat kein Problem. "Schließlich war ich früher Verkäuferin", erzählt sie immer noch lachend. Genau wie alle anderen ist sie konzentriert bei der Sache und freut sich über das einmalige Erlebnis. Und alle sind gespannt auf den fertigen Kalender. "Der soll rechtzeitig zu Weihnachten fertig sein", betont Axel Stellmann.