Oldenburg, 15.6.2021 - Kinder mit Beeinträchtigung haben Anspruch auf Hilfsmittel. Doch in der Praxis ist es für Eltern und Ärzte oft ein langer Weg, bis die Hilfsmittel genehmigt werden. Das erlebt auch Dr. Michael Wagner, Leiter des Kinderzentrums Oldenburg (Sozialpädiatrisches Zentrum). Die Krankenkassen würden bei der Genehmigung der Hilfsmittel sehr unterschiedlich agieren, egal ob es sich um einen angepassten Rollstuhl oder eine Fußorthese handelt. Oft müssten Eltern gegen die Ablehnung von Hilfsmitteln erst Widerspruch einlegen. „Dabei ist es oft wichtig, dass die Kinder die Hilfsmittel schnell bekommen, weil diese dann helfen können die Entwicklung der Kinder zu unterstützen und Einschränkungen zu verringern“, betont Wagner.
Auch Prof. Dr. Gisela Schulze von der Leffers-Stiftung kennt die Problematik gut. „Viele Eltern wenden sich an die Stiftung, weil Hilfsmittel, wie zum Beispiel Kopforthesen von der Krankenkasse nicht übernommen werden.“ Gerade bei jungen Kindern sei schnelles Handeln notwendig, weil das Zeitfenster der Unterstützung der Entwicklung oft klein sei, betont die Professorin für Sonderpädagogik und Rehabilitation an der Universität Oldenburg, die Vorsitzende im Beirat der Leffers-Stiftung ist. Zusammen mit der Diakonie versuche die Stiftung, Familien in Notlagen, die Unterstützung bei der Anschaffung von Hilfsmitteln benötigen, zu unterstützen.
Diakonie-Vorstand Thomas Feld sieht in dem Thema auch eine gesellschaftliche Bedeutung. „Wir wollen Inklusion, dann müssen wir die Kinder und Jugendlichen mit Beeinträchtigung auch mit den Hilfsmitteln ausstatten, die ihnen Teilhabe ermöglichen.“ Auch Schulze sieht eine Diskrepanz zwischen dem Anspruch der Inklusion und der gegenwärtigen Praxis bei der Hilfsmittelgenehmigung. „Im Einzelfall müssen die Eltern sich immer für die Rechte ihrer Kinder einsetzen. Viele haben aber nicht das notwendige Netzwerk und die Unterstützung. Deshalb müssen wir den Eltern helfen, das Beste für ihre Kinder zu erreichen.“
Die Unterstützung der Eltern ist auch für Dr. Michael Wagner ein wichtiges Ziel. Für viele Familien sei die Situation sehr belastend. Und die Hilfsmittel müssten immer wieder neu beantragt werden, wenn die Kinder und Jugendlichen gewachsen sind. „Im schlimmsten Fall dauert die Genehmigung des Hilfsmittels so lange, dass es durch Wachstum oder Fortschreiten der Beeinträchtigungen nicht mehr sinnvoll eingesetzt werden kann.“ Es sei oft beeindruckend, was die Eltern für ihre Kinder leisten, findet Prof. Dr. Schulze. Das Sozialrecht und die Krankenkassen sollten sie dabei unterstützen. Schulze wünscht sich einen Austausch zwischen Betroffenen, Experten, Stiftungen, Politikern und Kassen, damit die Unterstützung mit Hilfsmitteln in Zukunft für Betroffene schneller erzielt werden kann.