Im zweiten Jahr wächst die Verantwortung

Erstellt von Kerstin Kempermann |

Altenpflegeschülerin Jessica Wilk berichtet über ihre Ausbildung - Ein Arbeitstag im Wichernstift

Ganderkesee, 6.9.2018 – Es ist 8.15 Uhr. Jessica Wilk ist bereits seit zwei Stunden im Dienst. Die meisten Bewohner der Station drei der Altenhilfe-Einrichtung des Wichernstifts sitzen bereits am Frühstückstisch. Die Altenpflegeschülerin macht sich auf den Weg, auch der letzte Bewohnerin beim Aufstehen zu helfen. „Jetzt geht es raus aus dem Bett“, begrüßt die Dame Jessica Wilk mit einem Lächeln. Die lächelt zurück. „Jetzt wollen wir uns ein bisschen bewegen“, sagt sie und motiviert die Bewohnerin mit dem Gehwagen selbstständig bis zum Bad zu laufen. Anschließend hilft sie beim Waschen und Anziehen und sucht gemeinsam mit der Bewohnerin, die eine beginnende Demenz hat, eine Kette aus. „Damit Sie flott aussehen“, scherzt sie mit der Bewohnerin. Dann geht es im Rollstuhl zum Frühstücken.

 

„Es ist wichtig, dass unsere Bewohner so viel wie möglich noch alleine erledigen. Hier auf der Station sind viele auch noch sehr fit“, erzählt Wilk. Sie ist inzwischen in ihrem zweiten Ausbildungsjahr und übernimmt immer mehr Aufgaben. Dazu gehört es auch, bei Bewohnern mit Diabetes den Blutzucker zu messen. „Dafür braucht man die richtige Anleitung durch die erfahrenen Pflegekräfte. Nur wenn ich weiß, welche Werte der Bewohner sonst hat, kann ich richtig einschätzen, ob die aktuelle Messung für ihn normal ist.“ Dieses Mal sind alle Werte in Ordnung. So gibt es Wilk auch an Lieselotte Schröder weiter, die an diesem Vormittag gemeinsam mit ihr Dienst hat. Außerdem erzählt sie ihrer erfahrenen Kollegin von einer Blase, die sie beim Anziehen am Bein einer Bewohnerin entdeckt hat.

 

Während die Bewohner sich nach dem Frühstück in ihrem Zimmer oder auf dem großen Balkon aufhalten, sind Wilk und ihre Kollegin weiter in Bewegung. Der Frühstücksraum wird aufgeräumt, die Wagen mit den Materialien für die Pflege aufgefüllt, genauso wie die Getränke in den Zimmern. Die gemeinsame Pause wird immer wieder verschoben. Erst klingelt es, weil ein Bewohner Unterstützung beim Toilettengang braucht, dann muss ein anderer, der derzeit das Bett nicht verlassen kann neu gelagert werden. Wilk gibt ihm auch gleich zu trinken. Bevor sie das Zimmer verlässt, wird jeder Schritt in den ausliegenden Listen dokumentiert. Und immer wieder greift sie zur Desinfektionsflasche in ihrem Kittel. „Hygiene ist für uns ein sehr wichtiges Thema“, erklärt die Altenpflegeschülerin.

 

Dann endlich ist Zeit für eine kurze Pause. Die verbringen Wilk und ihre Kollegin bei den Bewohnern, die auf dem Balkon die Sonne genießen. So haben Sie Zeit, ein bisschen zu plaudern. Gleichzeitig können sie darauf achten, dass die Bewohner genügend trinken. „Das zweite Jahr der Ausbildung ist anspruchsvoller“, erzählt Wilk in ihrer Pause. Das Wissen über Krankheiten und Medikamente kommt dazu. Und Schröder ergänzt: „Die Auszubildenden müssen auch lernen, wie sie die Pflegehelfer am besten einsetzen. Denn nach der Ausbildung müssen sie auch diese Verantwortung übernehmen.“ Viel Zeit beansprucht auch die Absprache mit Ärzten, Ergotherapeuten und natürlich die Gespräche mit den Angehörigen.

 

Als Wilk nach ihrer Pause die Schwiegertochter einer Bewohnerin trifft, nutzt sie die Gelegenheit, diese nach den Lieblingsgetränken der Dame zu fragen. Denn diese wohnt noch nicht lange im Wichernstift. Auch beim Einsortieren der frisch gewaschenen Kleidung bleibt immer wieder Zeit für einen Scherz oder ein kurzes Gespräch mit den Bewohnern. Dabei geht es dann um den Zahnarztbesuch am Vortag oder das Unterhaltungsprogramm an diesem Tag. Diese kurzen Gespräche sind besonders wichtig. So bekommen die Pflegekräfte mit, wie es den Bewohnern geht, und können Veränderungen frühzeitig bemerken und darauf reagieren. „Als Auszubildende habe ich noch etwas mehr Zeit für die Bewohner. Und das nutze ich auch“, sagt Wilk. Aber natürlich bekommt sie auch während ihrer Ausbildung mit, dass viel Zeit für die Dokumentation der Pflege verwendet wird, die dann an anderer Stelle fehlt.

 

Inzwischen ist es Zeit, alles für das Mittagessen vorzubereiten. Während Lieselotte Schröder die Bewohner im Essensraum versorgt, geht Jessica Wilk, zu dem Bewohner, der derzeit bettlägerig ist, aufs Zimmer. Beim Essensanreichen ist besonders viel Geduld gefragt. Immer wieder bittet sie ganz freundlich, den Mund etwas zu öffnen. „Ich muss wenigstens erreichen, dass er seine Medikamente mit dem Essen zu sich nimmt“, erklärt sie und hat schließlich Erfolg.

 

Vor der Übergabe an die nächste Schicht räumen Wilk und ihre Kollegin wieder alles auf und bringen die Bewohner zum Ausruhen in ihre Zimmer. „Du bist immer nett zu mir“, bekommt Wilk dabei wieder mit einem Lächeln gesagt. Wilk lächelt zurück. Es sind diese Momente, die ihr zeigen, dass die Ausbildung für sie genau das Richtige ist.

 

 

 

Jessica Wilk berichtet seit Beginn ihrer Ausbildung regelmäßig über ihren Alltag als Pflegeschülerin. Inzwischen ist die Delmenhorsterin im zweiten Ausbildungsjahr. Den praktischen Teil ihrer Ausbildung macht Wilk im Wichernstift in Ganderkesee. Die schulische Ausbildung findet an der Evangelischen Altenpflegeschule Delmenhorst statt.

 

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