Neerstedt, 14. Juni 2017. Wie vermittele ich den Wunsch, die Sucht zu beenden? Diese Fragestellung steht für Gunter Burgemeister, den neuen Chefarzt der Fachklinik Oldenburg Land im Vordergrund. Denn in dieser Einrichtung des Diakonischen Werkes werden Menschen mit Beeinträchtigungen behandelt, die eine Suchterkrankung haben. „Wir haben zu 80 bis 90 Prozent Patienten mit einer Intelligenzminderung“, berichtet Burgemeister. Aus ganz Deutschland kommen die Patienten in die Klinik nach Neerstedt, um ihre Suchterkrankung zu besiegen.
Seit dem 1. April leitet der Facharzt für Psychologie und Psychotherapie die Fachklinik in Neerstedt und auch die Dietrich-Bonhoeffer-Klinik in Ahlhorn. Während in Ahlhorn die jungen Patienten im Fokus stehen, hat sich Neerstedt - auch durch den Aufbau der neuen Fachklinik in Oldenburg - noch stärker auf die Behandlung von Menschen mit Intelligenzminderung spezialisiert. „2,5 Prozent der Bevölkerung haben eine Intelligenzminderung und jeder Zehnte davon lebt mit einer Suchterkrankung“, verdeutlicht Burgemeister, wie wichtig dieses Tätigkeitsfeld ist.
Um den Patienten zu helfen ohne Alkohol oder andere Suchtmittel zu leben, setzen Burgemeister und sein Team aus Therapeuten, Heilerziehungspflegern und Pflegekräfte auf einen klar strukturierten Tagesablauf. Zu diesem gehören die psychologische Beobachtung und die Therapie. „Wir müssen bei jedem einzelnen Patienten neu herausfinden, womit wir das Verlangen nach dem Suchtmittel hemmen können“, sagt Burgemeister. In der Kunsttherapie, bei der Arbeit in den Werkstätten und Gewächshäusern und in der Küche erreichen die Patienten Erfolgserlebnisse, die Ihnen helfen zu einem suchtfreien Leben zu kommen. Dazu kommt die soziale Integration. „Das fängt mit ganz banalen Dingen wie dem Essverhalten an“, sagt der 59-Jährige und ergänzt: „Wir müssen den Patienten in die Welt integrieren, aber gleichzeitig seine Welt auch ein bisschen so verändern, dass sie zu ihm passt. Dazu würde sich Burgemeister eine Vernetzung mit den Einrichtungen wünschen, in die die Patienten nach der Entwöhnung zurückkehren. „Was wir hier initiiert haben, muss dort weitergeführt werden.“
Vor Ort ist Burgemeister nicht nur für sein Team ein wichtiger Ansprechpartner. Jeder Patient wird beim Rundgang über das weitläufige und von den Patienten selbst mitgestaltete Gelände mit ein paar Worten begrüßt. „Es ist sehr wichtig, dass unsere Patienten spüren, ich bin jemandem wichtig“, erläutert Burgemeister und so nimmt er sich immer Zeit für ein kurzes Gespräch. Ob der Tagesplan oder Liebeskummer, jedes Thema kann dabei angesprochen werden. „Beziehungsprobleme sind ein wichtiges Thema, dem wir uns noch verstärkter widmen wollen“, berichtet Simon Richards, Gruppentherapeut in der Einrichtung. Denn viele der Patienten sind in Beziehungen, die sie schwächen, oder leiden unter dem Fehlen von Beziehungen. „Einsamkeit ist ein großes Problem“, ergänzt Burgemeister.
Insgesamt können in Neerstedt 50 Patienten gleichzeitig betreut werden. Durchschnittlich bleiben die Patienten 12 bis 21 Wochen in der Klinik. Und 90 Prozent der Patienten werden regulär entlassen. „Das ist ein sehr guter Wert“, betont der Chefarzt. Burgemeister hat im Saarland studiert und später unter anderem am Sächsischen Krankenhaus Großschweidnitz Erfahrungen in der Therapie geistig behinderter Menschen gesammelt. Zuletzt war er Oberarzt des Landeskrankenhauses im österreichischen Steyr und kam von dort ins Oldenburger Land.
Alle diakonischen Einrichtungen der Suchthilfe finden Sie unter http://www.dw-ol.de/pages/einrichtungen/suchthilfe/index.html