Eggeloge/Oldenburg,10.3.2020 - Die Arbeit in der Jugendhilfe verändert sich ständig. „Derzeit erleben wir, dass immer mehr Kinder und Jugendliche mit psychiatrischen Diagnosen zu uns kommen“, berichtet Kathrin Cordes, Referentin für Jugendhilfe bei der Diakonie im Oldenburger Land. Um diese Kinder und Jugendliche bestmöglich zu fördern, können sich die Mitarbeitenden aus den Einrichtungen im Bereich Psycho-Soziales Handeln fortbilden lassen. Dazu hat die Diakonie gemeinsam mit dem Center für lebenslanges Lernen (C3L) der Universität Oldenburg eine Weiterbildung für Mitarbeitende aus den Bereichen Jugendhilfe, Förderung und Therapie entwickelt. „Wir wollen unsere Mitarbeiter stärken“, sagt Cordes.
Vor dem Hintergrund langjähriger Erfahrungen mit wissenschaftlichen Weiterbildungsangeboten in Beratung und Therapie konnte für die konzeptionelle Entwicklung und Durchführung mit Priv.-Doz. Dr. Joseph Rieforth ein anerkannter Experte von der Uni Oldenburg gewonnen werden. Derzeit läuft der erste Weiterbildungs-Durchgang, im Jahr 2021 startet der nächste; ab sofort möglich. Die Fortbildung ist auch für Mitarbeitende anderer Träger offen. Im Gespräch erzählen Svenja Dehmer und Malte Dierksen, pädagogische Mitarbeiter der Jugendhilfe Collstede, welchen Nutzen sie für sich und ihre Arbeit aus der Fortbildung ziehen:
Frage: Wie sind Sie auf die Fortbildung aufmerksam geworden?
Dehmer: Meine Bereichsleitung hat mich auf das Fortbildungsangebot angesprochen. Und ich habe gleich gesagt, das mache ich. Ich interessiere mich sehr für diesen Bereich meiner Arbeit in der Jugendhilfe.
Dierksen: Bei mir war es ähnlich. Ich arbeite erst seit Juli 2016 für die Jugendhilfe Collstede. Schon bei meiner Bewerbung hatte ich gesagt, dass ich mich für Fortbildungen interessiere. Ich finde es als Pädagoge sehr wichtig, auf dem neuesten Stand zu bleiben und zu handeln. Das Thema „Psycho-Soziales Handeln“ ist sehr spannend. Und schon die Titel der unterschiedlichen Module trafen genau die Punkte, die für meine Arbeit wichtig sind.
Frage: Das Thema der berufsbegleitenden Weiterbildung ist PsychoSoziales Handeln (PSH) in der Jugendhilfe. Was lernen sie genau?
Dehmer: Durch die Weiterbildung bekommen wir ganz viel Hintergrundwissen. Das ist wichtig, weil wir in der Jugendhilfe immer mehr Kinder und Jugendliche betreuen, die nicht nur mit einem Störungsbild zu uns kommen. Dabei spielen zum Beispiel Traumata aber auch ADHS eine Rolle. In der Mädchenwohngruppe, in der ich arbeite, sind leider auch Gewalt- und Missbrauchserfahrungen ein Thema.
Dierksen: Störungsbilder zu kennen ist für unsere Arbeit ganz wichtig. Wir bekommen in der Weiterbildung außerdem ganz konkrete Handlungsmöglichkeiten nahegebracht. Der Leitgedanke ist ein systemischer Ansatz. Das heißt, dass wir unsere Klienten durch gezieltes Nachfragen zum Nachdenken bringen. Nicht wir geben Lösungen vor, sondern versuchen über Fragen gemeinsam Lösungen für Probleme zu finden. Toll ist, wie praxisnah die Module aufgebaut sind. Man kann das Gelernte direkt anwenden. Und die Referenten kommen alle aus der Praxis.
Frage: Die Fortbildung hilft also im beruflichen Alltag?
Dehmer: Auf jeden Fall. Das ist nichts Abstraktes. Ich nehme immer wieder Anregungen mit in meinen nächsten Dienst und habe durch das neue Wissen die Möglichkeit, anders zu helfen und zu unterstützen. Wir haben zum Beispiel von einem Dozenten einen Fächer mit Fragen zur Selbstentwicklung bekommen. Den habe ich zusammen mit einem Mädchen in meiner Gruppe ausprobiert. Sie hat sich durch die Fragen ernst genommen gefühlt und wirklich ein Ziel für sich gefunden. Natürlich hat sie das Ziel nicht direkt erreicht, aber sie hat die ersten Schritte unternommen, um es zu erreichen.
Dierksen: Ich kann das nur unterstützen. Auch weil die Teilnehmenden aus ganz unterschiedlichen Bereichen kommen, bekommt man immer wieder neue Anreize. Und wir können unsere eigenen Fallbeispiele mit in die Seminare bringen. Auch das erhöht den direkten Nutzen. Ein sehr interessanter Punkt in der Weiterbildung ist auch die Genogrammarbeit. Das heißt, dass die Familie als Ganzes eine zentrale Rolle spielt. Wir schauen nicht nur auf die Bewohner und ihre Eltern, sondern auch auf andere wichtige Bezugspersonen.
Frage: Wie hoch ist der Zeitaufwand?
Dierksen: Die Wochenendseminare sind über die anderthalb Jahre verteilt gut neben der Arbeit zu schaffen. Der Freitag wird als Arbeitszeit gewertet. Den zweiten Tag bringen wir aus unserer Zeit ein. Das ist aber auch gut so. Ich profitiere ja auch persönlich von der Fortbildung.
Dehmer: Bei ungefähr einem Seminar pro Monat bleibt auch genügend Zeit für die Vor- und Nacharbeit. Dazu kommen noch fünf Termine für Supervision.
Weitere Informationen zur Fortbildung:
Teilnahmevoraussetzung: abgeschlossene Berufsausbildung als Erzieher*in oder Heilerzieher*in oder ein akademischer Abschluss bzw. Berufserfahrung im Sozial- und Gesundheitsbereich. Die Teilnehmer sollten die Möglichkeit haben, Praxisfälle aus dem Bereich Jugendhilfe oder Förderung und Therapie zu bearbeiten.
Abschluss: Universitätszertifikat nach bestandener Abschlussprüfung
Umfang und Dauer: Zehn Seminare, begleitende Supervision und Schulung im Bereich Berichterstattung /Dokumentation im Zeitraum von anderthalb Jahren
Gebühren: Drei Semesterbeiträge à 1.214 Euro (Wird von der Einrichtung übernommen)
Stipendium
Das Diakonische Werk der Ev. Luth. Kirche in Oldenburg e.V. vergibt zwei Stipendien, auf die sich Studierende nach Erhalt eines Platzes im Weiterbildungsprogramm bewerben können.
Anmeldezeitraum: Anmeldungen sind ab sofort bis zum 31.12. 2020 möglich
Mehr Informationen: https://uol.de/c3l/psychosoziales-handeln-jugendhilfe