Bad Zwischenahn, 17.10.2018 – Pflegedienstleiterin Katharina Stenke und ihre Stellvertreterin Nadja Burk besprechen die aktuelle Pflegetour. Alltag in der Diakonie Sozialstation im Ammerland. Und doch ist an diesem Morgen alles etwas anders. Denn Burk hat auf ihrer Tour zu drei Kunden des ambulanten Pflegedienstes Begleitung. Ein Team des NDR filmt die Arbeit der Pflegekraft. Der Beitrag ist ein Hintergrundstück für hallo Niedersachsen. NDR-Redakteurin Christina Harland geht es um die Situation der Sozialstationen.
„Ausgangspunkt meiner Recherche war der Insolvenzantrag der Diakonie-Sozialstation im Wangerland“, erzählt die NDR-Redakteurin. Sie wollte es genauer wissen. Handelt es sich um einen Einzelfall, oder sind auch andere Diakonie-Sozialstationen betroffen? Vor allem die Wegepauschale war im Wangerland, wo die Fahrten von Kunden zu Kunden oft sehr lang sind, einer der Gründe für die Finanzierungslücke, die zur Insolvenz führte.
In Bad Zwischenahn geben Katharina Stenke, Nadja Burk und Regina Logemann, die Geschäftsführerin der Diakonie-Sozialstationen im Oldenburger Land gGmbH - zu der die Bad Zwischenahner Sozialstation und fünf weitere gehören - Auskunft über die Situation. „Die Kostenschere geht immer weiter auseinander“, sagt Logemann. „Mit dem, was wir von den Kranken- und Pflegekassen an Vergütung bekommen, können wir unser Personal, das wir nach Tarif bezahlen, nicht auskömmlich finanzieren.“ Das zeigt sich in den Sozialstationen auch darin, dass bereits seit neuneinhalb Jahren eine Notlagenregelung gilt und alle Mitarbeitenden derzeit auf sechs Prozent ihres Gehaltes verzichten. „Es ist für uns einfach schwer zu verstehen, warum in anderen Bundesländern für die gleiche Pflegeleistung teilweise bis zu zwanzig Prozent mehr gezahlt wird“, sagt Logemann.
Die Situation ist für die Geschäftsführung genauso wie für die Mitarbeitenden emotional anstrengend. Alle spüren den Kosten- und den Zeitdruck. „Wir wollen keine Pflege mit der Stoppuhr machen“, sagt Logemann. Und Stenke ergänzt: „Ich liebe meinen Beruf. Er ist Berufung. Aber die jetzige Situation geht zu Lasten der Patienten.“ Besonders bitter ist es für die Pflegedienstleiterin, wenn Sie bei Anfragen sagen muss, dass eine Übernahme der Pflege aufgrund der Wegstrecken nicht möglich ist. „Aus unserem diakonischen Selbstbild heraus wollen wir allen helfen. Und wir sehen die Not. Aber wir haben auch die Verpflichtung gegenüber unseren Mitarbeitern die Pflegestation wirtschaftlich zu führen“, fasst Logemann das Dilemma zusammen.
Auch aus der Verantwortung für die Mitarbeitenden heraus, waren Logemann und Stenke bereit, dem NDR über die Situation der Sozialstationen zu berichten. Sie sind überzeugt, Politik und Krankenkassen müssen die Rahmenbedingungen verändern. Sonst wird es auch weiteren ambulanten Pflegediensten so gehen, wie der Wangerländer Sozialstation. Und dabei geht es nicht nur um die Unterfinanzierung. Gleichzeitig wird es immer schwieriger, überhaupt Personal für die ambulante Pflege zu finden.
„Wir suchen zwar nach Wegen unsere Arbeit zu optimieren, aber alleine können wir die Unterfinanzierung nicht ausgleichen“, betont Logemann. Dass die Kunden von der schwierigen Situation kaum etwas spüren, liegt auch an dem großen Engagement der Mitarbeitenden. „Viele nehmen sich Zeit für ein kurzes Gespräch nach der Pflege, auch wenn Sie wissen, dass sie das nachher nicht abrechnen können“, erzählt Stenke.
Der Beitrag des NDR ist unter https://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/hallo_niedersachsen/Ambulante-Pflegedienste-kaempfen-ums-Ueberleben,hallonds47450.html zu sehen. Das NDR Team hat dafür auch mit der niedersächsischen Sozialministerin Carola Reimann und Volker Wagner, Geschäftsführer der Diakoniestationen Harz-Heide, gesprochen.