Soziale Kontakte sind der beste Schutz

Erstellt von Frerk Hinrichs |

70 Fachleute diskutieren über Kinderschutz im ländlichen Raum

Oldenburg, 23.03.2017 – Je mehr soziale Angebote für die Menschen, desto seltener gibt es Probleme beim Kinderschutz, hat Prof. Dr. Michael Herschelmann beobachtet. Denn Kindeswohlgefährdungen kommen häufiger bei Familien vor, die wenig soziale Kontakte haben. Möglichkeiten zu solchen Kontakten gibt es viele. Sie reichen von der freiwilligen Feuerwehr bis zum Fussballverein, von Kirchengemeindefesten und Familienfeiern bis zu Schulveranstaltungen, Vereinstreffen und Nachbarschaftshilfe. Immer besteht die Chance, beiläufig über das Wohl der Kinder zu reden und mit Eltern ins Gespräch zu kommen. Das ist der beste Schutz, betont Herschelmann. Vereinzelung birgt Gefahren für die Kinder. Denn nur wer soziale Kontakte hat, kann sich Unterstützung organisieren.


Familien mit Kindern brauchen auf dem Land mehrere Fahrzeuge. Nur so können alle Familienmitglieder soziale Kontakte aufbauen und pflegen. Mehr Busse und Bahnen würden denen helfen, die keine eigenen Fahrzeuge haben. Dadurch unterscheidet sich der ländliche Raum von der Stadt, bestätigt Frieslands Landrat Sven Ambrosy. Sonst ist der ländliche Raum völlig anders, als sich Städter das vorstellen, erklärt der Landrat mit Blick auf die Forke, die der Fotograf fürs Bild mitgebracht hat. Landwirtschaft ist zwar ortsbildprägend, aber nur 1,8% der Menschen arbeiten auch dort. In der Hochtechnologie wie dem Flugzeugbau oder der Energiegewinnung sind wesentlich mehr Menschen beschäftigt. Durch den Tourismus hat der Landkreis eine besonders gute Infrastruktur, hohen Freizeitwert und gute Wohnkultur bekräftigt Ambrosy. Der Abstand zwischen den Menschen werde auch durch Breitbandnetze immer geringer. Die Lebensqualität und Zufriedenheit ist hoch.


Kinderschutz lasse sich verbessern, wenn Betreuungsprobleme von Familien gelöst werden. Vollbeschäftigung wie auf dem Land sei nur zu erreichen, wenn Familien wissen, wo sie währenddessen ihren Nachwuchs betreut wissen, mahnt Ambrosy. Deswegen habe der Landkreis in acht Gemeinden sogenannte Familien- und Kinderservicebüros (FamKi) eingerichtet, in denen lokal alle Angebote für Familien mit Kindern gebündelt werden. Die Service-Büros bieten Beratung zu Kinderbetreuungsleistungen oder zum Bildungs- und Teilhabepaket. Bei Bedarf vermitteln sie zur Jugendberufshilfe, zur Schuldner- oder Suchtberatung. Die FamKis bieten Erziehungsberatung und Erziehungshilfen oder beantworten Fragen zur Entwicklung des Kinders. Es gibt Angebote zur Freizeitgestaltung und selbst bei Krisen wie Trennung oder Scheidung sind die Mitarbeitenden nah bei den Menschen. In diesem Modellprojekt kooperiert der Landkreis mit dem Oldenburger Kinderschutz-Zentrum. Nachdem Wünsche und Bedarf der Gemeinden für Familien und Kinder ermittelt sind, hat mit dem Fachtag ein weiterer gemeinsamer Planungsprozess der Familienzentren begonnen.

Zwei Jahre haben der Landkreis Friesland und das Kinderschutz-Zentrum Oldenburg jetzt Erfahrung in der Zusammenarbeit gesammelt. Das Land Niedersachsen unterstützt das Projekt in der Hoffnung, Erfahrungen und Informationen für weitere ländlich strukturierte Räume zu gewinnen. Wissenschaftlich begleitet wird das Projekt von Prof. Dr. Michael Herschelmann.

 

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