Wenn Medienkonsum zur Sucht wird

Erstellt von Kerstin Kempermann |

Anne Rühländer berät im Rahmen von „Re:set“ Betroffene und Angehörige

Oldenburg, 10.10.2019 – Lieber weiter online spielen, als zu schlafen. Lieber das nächste Level schaffen, als sich mit Freunden zu treffen. Wenn Medienkonsum problematisch wird, leidet oft das reale Leben darunter. Und bei etwa einem Prozent wird aus einem riskanten Gebrauch eine Sucht. Besonders betroffen sind Jugendliche. Unter ihnen gelten fünf Prozent als abhängig. Das wissen auch Sabrina Sies, Leiterin der Diakonie-Fachstelle Sucht in Oldenburg und ihre Mitarbeiterin Anne Rühländer. Rühländer betreut in der Fachstelle das Projekt „re:set“ – Beratung bei exzessivem Medienkonsum.

 

Rühländer ist seit erstem Oktober neu in der Fachstelle. Vorher hat die 30-Jährige in der Schulsozialarbeit gearbeitet. Schon dort begegneten ihr immer wieder Kinder – verstärkt Jungen – die schon vor der Schule ihre Zeit mit Computerspielen oder vor dem Fernseher verbrachten. Bei „re:set“ bietet sie nun als Nachfolgerin von Sandra Freese Betroffenen und Angehörigen Beratung rund um das Thema Mediensucht und hilft bei dem Neustart – vor der Sucht.

 

Die Diakonie-Fachstelle Sucht ist eine von 16 Fachstellen, die sich an dem Projekt „re:set“ beteiligen. Unter dem Titel „re:set“ fördert das Land Niedersachsen seit März 2018 den Aufbau von Angeboten zur Beratung und Hilfe bei Mediensucht oder Mediensuchtgefährdung.  Rühländer bietet Sprechstunden für Jugendliche und Erwachsene an, die Probleme im Umgang mit Medien haben. Sie unterstützt Ratsuchende dabei, einen verantwortungsbewussten Umgang mit Onlinemedien zu erlernen und das eigene Nutzungsverhalten zu überprüfen, damit gar nicht erst eine Abhängigkeit entsteht. Doch wenn diese bereits gegeben ist, kann sie an weiterführende Hilfeangebote vermitteln. „Mittlerweile gibt es stationäre Einrichtungen, die sich auf diese Form der Sucht spezialisiert haben“, betont Sies. Wenn die Abhängigkeit dazu führe, dass Schule, Körperhygiene und Schlaf vernachlässigt würden, sei eine stationäre Hilfe der richtige Weg.

 

Damit es soweit nicht kommt, berät Rühländer Betroffene. Um einzuschätzen ob der eigene Medienkonsum bereits problematisch ist helfen einige Marker. „Wer merkt, dass er erfolglos versucht, den Konsum einzuschränken und andere über das Ausmaß seines Konsums täuscht, sollte sich Unterstützung holen“, nennt Rühländer zwei wichtige Anhaltspunkte. Aufmerksam werden sollte man außerdem, wenn Kinder und Jugendliche das Interesse am Sportverein verlieren, um mehr spielen zu können und sich auch über gesetzte Regeln hinwegsetzen. Auch starke Müdigkeit ist ein Hinweis.

 

Das Angebot der Fachstelle wird sowohl von Betroffenen als auch Angehörigen gut angenommen, berichtet Sies. 53 Personen haben mindestens ein Beratungsgespräch in Anspruch genommen. 47 Prozent davon waren Angehörige. Das Alter der Betroffenen liegt zwischen 11 und 25 Jahren.

 

„Insgesamt ist das Bewusstsein gewachsen, das exzessiver Medienkonsum ein Problem sein kann“, betont Rühländer. Tatsache ist aber auch, dass es bisher noch wenig Informationen und Daten zu der neuen Problemstellung gibt. Deshalb soll das Beratungs- und Hilfeangebot der Fachstelle auch Klarheit über das Ausmaß des Nutzungsverhaltens der Betroffenen bringen. Die Arbeit der re:set-Berater wird von der Medizinische Hochschule Hannover wissenschaftlich begleitet und ausgewertet. Die Ergebnisse sollen in ein Handbuch einfließen, mit dem weitere qualifizierte Beratungsangebote aufgebaut werden können. Die Koordination liegt bei der Niedersächsischen Landesstelle für Suchtfragen (NLS).

 

Info: Immer Montags von 15.30 bis 17 Uhr bietet Anne Rühländer eine offene Sprechstunde an. Betroffen und Angehörige können aber auch einen Beratungstermin vereinbaren. Tel.: 0441/3615596-0.

 

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