Oldenburg, 10.3.2022 - Felix drehte sich eines Nachts zu seiner Frau um und sagte: „Jetzt muss etwas passieren. So kann es nicht weitergehen!“ Genau in diesem Moment hat er entschieden, seine Alkoholsucht zu bekämpfen, erinnert sich der 58-jährige Oldenburger, der über seinen Weg berichten will. Genau wie die Oldenburgerin Uta. Beide sind bereit, über ihre Sucht zu sprechen, allerdings anonym. Deshalb wurden ihre Namen in diesem Text geändert.
Uta schilderte, wie es ihr zu Beginn ihrer Sucht Tag für Tag psychisch immer schlechter ging. Ihr Mann war alkoholkrank und sie geriet in eine Co-Abhängigkeit. Sie suchte sich Hilfe und machte eine Verhaltenstherapie und eine 5-wöchige Kur. Sie fühlte sich besser und wusste, dass sie weniger Alkohol trinken sollte. Als sie wieder zu Hause war, bat sie ihren Mann keinen Alkohol mehr zu trinken. Doch er sah darin kein Problem, so dass Uta beschloss sich räumlich von ihm zu trennen. Sie fühlte sich alleine und trank in dieser Zeit wieder viel Alkohol, schildert sie ihre Suchtgeschichte.
Eines Tages fiel ihr auf, dass sich ihre Augen gelblich verfärbt hatten. Uta ging ins Krankenhaus und die Ärzte wiesen sie darauf hin, dass sie sich in einem bedrohlichen Zustand befand. „In diesem Augenblick beschloss ich, nie wieder Alkohol zu trinken.“ Uta wendete sich direkt an eine Suchtberatungsstelle der Diakonie in Oldenburg. Ihr war die Nähe zu ihrem zu Hause wichtig, um für ihre zwei Töchter da sein zu können. Deshalb begann sie eine ganztägig ambulante Entwöhnungsbehandlung in der Fachklinik Weser-Ems.
Für Felix begann der Weg aus der Sucht mit einer Entgiftung in einer Entzugsklinik. Anschließend kam er ebenfalls in die ganztägig ambulante Entwöhnungsbehandlung in der Fachklinik Weser-Ems. Dies bedeutet, dass er abends nach Hause fahren konnte. Was ihm sehr wichtig war. „Ich weiß nicht, wo ich ohne die Mitarbeitenden der Fachklinik heute wäre“, sagt Felix. Er hat in der Therapie gelernt, dass nur er selbst für sich verantwortlich ist und er hat Handwerkszeug für den Umgang mit der Sucht kennengelernt. Suchttherapeutin Anna-Lena Schröder fasst es zusammen: „In der ganztägig ambulanten Entwöhnungsbehandlung lernen die Patientinnen und Patienten, wie man mit einer chronischen Erkrankung auf abstinentem Wege zufrieden umgeht.“
Seine Entlassung ist nun ein Jahr her und Felix ist dankbar für die Zeit in der Fachklinik. „Die Krankheit ist nicht weg, das ist kein Husten“, erklärt er. Felix weiß, dass er weiterhin aufmerksam bleiben muss und die Suchterkrankung bleiben wird. Dabei hilft ihm die Fachstelle Sucht der Diakonie. Jede Woche telefoniert er mit einer Mitarbeiterin der Beratungsstelle. „Das ist einer meiner wichtigsten Termine“, sagt Felix. Für ihn sind die Mitarbeitenden durch ihre Neutralität und das fachliche Wissen eine große Stütze.
Auch Uta denkt dankbar an die Zeit in der Fachklink zurück: „Während der Therapie konnte ich mein Leben ordnen. Ich habe mich in der Fachklinik sehr gut aufgehoben gefühlt. Das Wissen der Fachleute ist unverzichtbar.“ Auch nach der Therapie beschäftig sie sich weiterhin gemeinsam mit ihren beiden Töchtern viel mit psychologischen Themen. Heute geht Uta regelmäßig zu einer Selbsthilfegruppe. Dort beeindrucken sie Angehörige, die alle zwei Wochen mit ihrem Partner in die Gruppe kommen. „Eine Familie kann daran auch wachsen“, sagt Uta.
Felix und Uta sind dankbar für das Hilfesystem. Beide betonen, dass sie nicht wissen, wo sie heute ohne die Unterstützung durch die Beratungsstellen und die Fachklinik wären. Für beide war die ganztägig ambulante Entwöhnung rückblickend die richtige Behandlung. Um dieses Angebot anzunehmen, muss das soziale und/oder berufliche Umfeld der suchtkranken Person weitgehend intakt sein.
Infobox:
Das Konzept der Ganztägigen Ambulanten Behandlung (abgekürzt GAR) ist während der Pandemie überarbeitet worden. Eine eigene Gruppe von Tagespatienten wurde getrennt von den stationären Patienten eröffnet. 61 Personen (inkl. zwei aktueller Patienten) wurden seither tagesklinisch in der Fachklinik am Schellenberg 13 behandelt. Aufnahmevoraussetzung ist unter anderem Krankheitseinsicht und die Bereitschaft, suchtmittelfrei zu leben, sowie die Fähigkeit und Bereitschaft, den Therapieplan einzuhalten. Derzeit werden ausschließlich geimpften oder impfwilligen Personen aufgenommen, um einen ausreichenden Schutz sicherzustellen.
Die GAR richtet sich an suchtkranke Personen, deren soziales und/oder berufliches Umfeld weitgehend intakt ist, für die eine stationäre Therapie aufgrund ihrer Fähigkeiten und Ressourcen nicht angezeigt ist und für die eine ambulante Therapie nicht die notwendige Behandlungsdichte aufweist. Konkret bedeutet dies z.B.: Anreise bis zu 45 Minuten (öffentliche Verkehrsmittel oder mit PKW), fester Wohnsitz, soziale Verpflichtungen (z. B. Kinder, pflegebedürftige Angehörige etc.), keine schweren körperlichen Beeinträchtigungen.
Die Behandlung dauert in der Regel für Alkohol- und Medikamentenabhängige, abhängig von der Komorbidität, 12 bis 16 Wochen; für illegal Drogenabhängige bis zu 26 Wochen.
Kontakt: Tel. 0441/35062-0, E-Mail: fk.weser-emsdiakonie-ol.de